Herr
Schauland, Sie sind seit Mai 2019 Verantwortlicher für die Produktion der
CHIRON Group. Welche Bereiche gehören dazu und wie viele Mitarbeiter sind in
der Produktion beschäftigt?
Die
Produktion umfasst neben der Endmontage auch die Vorfertigung – also Vormontage
der einzelnen Baugruppen und mechanische Bearbeitung. Zudem die Auftragskonstruktion,
das Bereitstellen von Zeichnungen, Stücklisten, Plänen, Steuerungsprogrammen unter
Berücksichtigung spezifischer Kundenvorgaben. Plus natürlich
Produktionssteuerung und Arbeitsvorbereitung. Zusammengerechnet beschäftigen
wir in den genannten Bereichen rund 300 Mitarbeiter. Zu meinem Aufgabengebiet gehören
auch die Werksplanung und das Vorbereiten von Investitionen in die Infrastruktur.
Mit Restrukturierung und Neuausrichtung der CHIRON Group
Ende letzten Jahres ist die Fertigung jetzt am Standort Neuhausen ob Eck
konzentriert. Was genau bedeutet das?
Die Konzentration bezieht sich,
präzise gesagt, auf die Endmontage der Bearbeitungszentren und
Fräs-Dreh-Zentren. Die erfolgt seit Januar 2021 komplett in Neuhausen, unter
besten Bedingungen in der CHIRON Group Precision Factory. Zudem greifen wir bei
Bedarf auf die gesamte Werksstruktur zurück, haben »Atmungshallen« mit
ebenfalls sehr guten Bedingungen. Die Vorfertigung für die Marken CHIRON und
STAMA findet am Stammsitz in Tuttlingen und in Neuhausen statt.
Bauzeit
Juli
2018 bis September 2019 (schlüsselfertig)
Eckdaten Gebäude
Gesamtfläche Neubau: 13.700 m²
Layout
Materialflussoptimiert mit Logistik-Spine für alle Materialströme
Gebäudetechnik
Digitalisierung
Smart Factory
Cockpit: Steuerung von Klimatisierung, Beleuchtung und Kamerasystemen
Digitale Assistenzsysteme in der Montage
Berührungslose Logistikbuchungen
Digitale Qualitätsprüfung und -sicherung (»digitaler Fingerabdruck«)
Sie
haben die Werksplanung angesprochen. Die Precision Factory wurde für die
Bearbeitungszentren der neuen Baureihen geplant, für die veränderte Nutzung der
jetzigen CHIRON Group Precision Factory musste sicher einiges neu gedacht
werden?
Ja, wir haben den Standort Neuhausen komplett neu aufgeplant und in den Montagebereichen umfassend neu organisiert. Aus
zwei Gründen: zum einen, um die Fertigung der STAMA-Maschinen von Schlierbach
zu integrieren. Zum anderen, um den aktuellen Marktanforderungen
Rechnung zu tragen und flexibler agieren zu können. Sowohl, was die
Durchlaufzeiten angeht als auch dahingehend, welche Baureihen in welchen
Märkten jeweils nachgefragt werden. Sprich: Die Auftragsstruktur kann
heute so, in einem Monat ganz anders sein. Das müssen wir bei uns entsprechend
abbilden können.
Wie
ist die Precision Factory jetzt gegliedert? Es gab ja doch eine Vielzahl an
Baureihen unterzubringen. Gibt es einen Teil für STAMA, einen anderen CHIRON?
Das
wäre im Hinblick auf eine vollständige Integration der STAMA-Fertigung sicher
nicht clever. Wie gesagt: Wir wollen eine flexible, effiziente Nutzung entlang
der Auftragsstruktur und, am besten, eine maximale Auslastung. Nur dann kommen
die positiven Effekte der hochmodernen Halle für unsere Kunden optimal zum
Tragen. Daher haben wir eine Linienstruktur definiert. Basis für die Zuordnung der
Baureihen zu den aktuell sechs Linien ist das Montagekonzept, Cluster oder
Stammplatz. Auch die Komplexität der Maschinen, die Dimensionen und die
Durchlaufzeit spielen eine Rolle. Eine STAMA MT 733 oder die neue CHIRON MT 715 –
mit einer Aufstellfläche von ca. 25 m² – lässt sich nicht mal eben an die
nächste Station verlagern, sondern wird komplett am Stammplatz montiert. Anderes
Beispiel: Eine Linie belegen wir in Clustermontage mit den Baureihen 08 und 12,
die in einer Taktlinie montiert werden. In direkter Nachbarschaft entstehen die
Modelle precision+, die eine höhere Komplexität aufweisen.
Konkret
gefragt: Welche Vorteile haben Kunden durch die Fertigung in der CHIRON Group Precision
Factory, was ist der viel zitierte Mehrwert?
Ganz
einfach: Wenn wir alle Maschinen in der optimalen Umgebung, mit besten
Prozessen und unter reproduzierbaren Bedingungen fertigen, geben wir ihnen
optimale Voraussetzungen für den Einsatz bei unseren Kunden mit. Besonders
wichtig hierfür ist eine konstante Temperatur. Bei uns gibt es keine
Jahreszeiten, keine eiskalten oder sommerheißen Tage, sondern immer angenehme
und für höchste Präzision förderliche
23 Grad. Zudem tragen zentrale Logistik, Materialbereitstellung und gute
Bekranung dazu bei, dass wir die Halle gut füllen und ihre Möglichkeiten voll ausschöpfen
können.
Damit
die genannten Vorteile zum Tragen kommen, braucht es auch die entsprechenden
Kompetenzen. Also auch hier einen Transfer von Schlierbach nach Neuhausen. Wie
läuft das ab?
Schon
seit Januar sind die Auskenner – neudeutsch Know-how-Träger – aus Schlierbach
eingebunden, leiten im Hinblick auf die Besonderheiten der Fertigung und
Montage der STAMA-Maschinen an und gewährleisten, dass die zum Teil sehr
komplexen Montageprozesse hier stattfinden. Für die Vorfertigung in Tuttlingen haben
wir Anlagen aus dem STAMA-Maschinenpark übernommen. Damit stellen wir sowohl
Teile für die Maschinenproduktion als auch für den Ersatzteilbedarf her.
Übrigens: Auch im Service können sich Kunden mit STAMA-Maschinen hundertprozentig
darauf verlassen, dass sie nach wie vor beste Betreuung erhalten.
Stichwort
Flexibilität. Gilt das nur für die Belegung der Montagelinien oder auch für die
Mitarbeiter?
Gutes
Stichwort: Unser erklärtes Ziel ist eine möglichst breite Qualifikation der
Mitarbeiter am Standort. Es nutzt ja nichts, wenn jemand Experte für die
Baureihe 08 ist, es aber aktuell keine Maschine zu montieren gibt. Daher haben
wir in den letzten Monaten bewusst den Wechsel geprobt und etabliert. Wir
schauen aber schon, dass besondere Qualifikationen auch entsprechend zum Tragen
kommen.
Die
ursprüngliche Planung für die Precision Factory waren rund 400 Maschinen pro
Jahr, auch das hat sich geändert?
Klar,
wenn wir eine flexible Nutzung haben, passt eine absolute Zahl als Ziel nicht
mehr, die Durchlaufzeiten sind sehr unterschiedlich. 2019 und 2020 lag der
Auftragseingang unter den Vorjahren, entsprechend hatten wir noch
Kapazität. Heute ist die Precision Factory zu unserer Freude wie geplant
ausgelastet, auch unsere zusätzlichen Flächen sind gut belegt.
Sie
haben vorhin die großen, schwer zu verlagernden Bearbeitungs- und
Fräs-Dreh-Zentren angesprochen. Wie handhaben Sie das mit der Applikation, die
war ja bisher getrennt?
Richtig,
aber das hat sich geändert. Wir
führen seit diesem Jahr die Applikation, auch Testbearbeitungen,
in Neuhausen durch. Hier wird montiert, aufgebaut, mit Automatisierung
bestückt, die Software aufgespielt, in Betrieb genommen, appliziert – das volle
Programm. Auch die Endabnahme kann direkt bei uns erfolgen. Kunden können auch
zwischendurch, sofern die Entwicklung mit COVID-19 das zulässt, vorbeikommen
und schauen, wie Präzision entsteht. Das begrüßen wir ausdrücklich und freuen
uns auf Besucher!
Herr
Schauland, vielen Dank für das Gespräch und eine immer gut ausgelastete CHIRON
Group Precision Factory!